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Thema: Normalisieren / Normalglühen (2016 mal gelesen)
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masls Mitglied Projektleiter / CAD Administrator
Beiträge: 279 Registriert: 18.12.2003 Intel i7-4800MQ, 32 GB Ram, Quadro K2100M, SolidEdge ST10 MP12, Win10 Pro
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erstellt am: 07. Aug. 2020 08:40 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:
Hallo zusammen, wir haben Bauteile nach Kundenforderung zu fertigen. Eine Anforderung dafür ist u.a. eine Dichtheitsforderung gegenüber einem bestimmten Gas bis zu einem bestimmten Druck. Der Kunde hat die Teile bisher selbst schon bezogen nach seiner Zeichnung fertigen lassen, die Teile waren bisher i.O.. Diese Zeichnung steht uns auch zur Verfügung. Es sind prinzipiell Zylinder mit Durchmesser 115 und 22 hoch. Werkstoffforderung ist: 1.0577 S355J2+N Leider wurde bei uns bei der Anlage des Werkstoffs vergessen den Behandlungszustand +N aufzuführen. Deshalb haben wir von unserem Lieferanten nun vorgesägte Ronden im Zustand S355J2 erhalten. Diese wurden bearbeitet, die Bauteile sind dann beim Kunden als undicht ausgefallen. Die Idee war nun, dass wir die auf Lager liegenden Ronden nachträglich in den Behandlungszustand +N bringen - was wir auch gemacht haben. Die Bauteile waren nach der Bearbeitung wieder undicht. Erst als wir Ronden bezogen haben, die von einer normalgeglühten Stange gesägt wurden, waren die Bauteile dicht. Für mich stellen sich jetzt noch folgende Fragen: Soweit ich das Normalglühen verstehe, kann das theoretisch jederzeit durchgeführt werden. Ist das korrekt? Was unterscheidet dann das Normalglühen der Ronden von dem Normalglühen der Stangenabschnitte beim Hersteller? Was wir sehen konnten, dass die nachträglich geglühten Ronden ziemlich verzundert waren. Die bezogenen Ronden aus der gesägten, normalgeglühten Stange dagegen nicht. Ich möchte jetzt eben verstehen, warum es das eine Mal funktioniert, das andere Mal nicht ------------------ Nein, das glaub ich nicht Tim! Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
TC17pro Ehrenmitglied V.I.P. h.c. TZ der hilft --> PM
Beiträge: 3143 Registriert: 20.08.2013
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erstellt am: 07. Aug. 2020 09:23 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben: Nur für masls
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masls Mitglied Projektleiter / CAD Administrator
Beiträge: 279 Registriert: 18.12.2003 Intel i7-4800MQ, 32 GB Ram, Quadro K2100M, SolidEdge ST10 MP12, Win10 Pro
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erstellt am: 07. Aug. 2020 11:12 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:
Zitat: Original erstellt von TC17pro: Hallo,vielleicht hilft dir dieser Link etwas weiter.
Leider nur bedingt. Denn er erklärt nicht, ob es einen Unterschied macht, das Material direkt nach der Herstellung (also Stangenmaterial) zu normalisieren oder später. Er erklärt nur, dass es wohl prinzipiell jederzeit möglich ist. ------------------ Nein, das glaub ich nicht Tim! Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
N.Lesch Ehrenmitglied V.I.P. h.c. Dipl. Ing.
Beiträge: 5089 Registriert: 05.12.2005 WF 4
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erstellt am: 07. Aug. 2020 17:14 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben: Nur für masls
Dichtheit ist immer relativ. Metall ist ziemlich dicht, des wegen kommt Permeabilität kaum in Frage. Dann bleiben ( fast nur noch die Nähte ) . Wie werden bei dem Zylinder die Enden verschlossen ? verschweißt, Deckel mit oder ohne O-Ring ? Ein Ring , wenn er gasdicht sein soll muß es wohl einer sein, in diesen Abmessungen verzieht sich leicht, wenn er in einem Zug hergestellt wird. ------------------ Klaus Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
masls Mitglied Projektleiter / CAD Administrator
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erstellt am: 07. Aug. 2020 19:20 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:
Dieser Zylinder mit Durchmesser 115 ist der Deckel und wird über einen O-Ring mit dem Gehäuse abgedichtet. Es handelt sich um keinen Ring etc.! Bevor das hier weiter in Frage gestellt wird: Wir haben mit Lecksuchspray sowie Beaufschlagung mit Helium mit entsprechendem Schnüffelstück herausgefunden, dass die Undichtheit ziemlich in der Mitte des Durchmessers ist, also wirklich den Werkstoff betrifft. Auch über ein Differenzdruckmessgerät konnten wir den Druckabfall sehr gut nachweisen. ------------------ Nein, das glaub ich nicht Tim! Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
N.Lesch Ehrenmitglied V.I.P. h.c. Dipl. Ing.
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erstellt am: 09. Aug. 2020 07:09 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben: Nur für masls
So langsam wird klar worum es geht. Ich würde das Bauteil dann als Scheibe bezeichnen. Eine Gefügeänderung oder Umwandlung geht auch meistens mit einer Volumenänderung einher. Wenn die sich nicht einfach austoben können, können im Material auch Risse oder sonst was entstehen. Wenn sich eine Stange mit ca. Ø 120 von außen nach innen erwärmt , dann dehnt die sich auch zuerst außen und innen entsehen Zugspannungen. Die Ronde wurde aus einer 25 dicken Platte gesägt, nehme ich an. Die Stange hatte wohl einen Ø von 120. Weil die Dicke die Abkühlzeit und Aufheizzeit mit der 2. Potenz beenflußt liegen da technisch Welten dazwischen. Es kann auch sein, daß die Hohlräume bei der spanenden Berarbeitung verschmiert wurden. Möglich wäre die Scheibe feuerverzinken und hoffen, daß sich die Hohlräume füllen. Weiter wäre Kugelstrahlen sinnvoll und damit die Oberfläche verdichten. Das sieht der Kunde auch nicht gleich. ------------------ Klaus Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
masls Mitglied Projektleiter / CAD Administrator
Beiträge: 279 Registriert: 18.12.2003 Intel i7-4800MQ, 32 GB Ram, Quadro K2100M, SolidEdge ST10 MP12, Win10 Pro
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erstellt am: 09. Aug. 2020 08:32 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:
Zitat: Original erstellt von N.Lesch: Eine Gefügeänderung oder Umwandlung geht auch meistens mit einer Volumenänderung einher. Wenn die sich nicht einfach austoben können, können im Material auch Risse oder sonst was entstehen. Wenn sich eine Stange mit ca. Ø 120 von außen nach innen erwärmt , dann dehnt die sich auch zuerst außen und innen entsehen Zugspannungen. Die Ronde wurde aus einer 25 dicken Platte gesägt, nehme ich an. Die Stange hatte wohl einen Ø von 120. Weil die Dicke die Abkühlzeit und Aufheizzeit mit der 2. Potenz beenflußt liegen da technisch Welten dazwischen.
Ausgangsmaterial ist beides Mal das Gleiche: Stangenmaterial. Das eine Mal wird eine 25 mm breite Scheibe abgesägt und danach erst normalisiert. Das ander Mal wird die kpl. Stange normalisiert und dann erst abgesägt. So ganz verstehe ich deine Argumentation nicht: Wird das Material direkt in der Stange erwärmt (die kürzesten, die ich für den Durchmesser kenne sind 3 m), dann ist das Verhältnis von Länge zu Durchmesser 25:1, also größte Ausdehnung zu kleinster Ausdehnung. Wird das mit der schon gesägten Ronde gemacht, dann ist das Verhältnis von Durchmesser zu Länge ca. 4,8:1. Das wäre deiner Argumentation folgend doch deutlich günstiger und sollte so weniger Probleme bereiten. Oder verstehe ich das jetzt nicht? Lese ich mir den Wiki Eintrag durch, steht dort auch nichts von der Gefahr einer Rissbildung etc. https://de.wikipedia.org/wiki/Normalgl%C3%BChen Sondern nur davon, dass ein feinkörniges Gefüge erzeugt wird. Zitat:
Es kann auch sein, daß die Hohlräume bei der spanenden Berarbeitung verschmiert wurden. Möglich wäre die Scheibe feuerverzinken und hoffen, daß sich die Hohlräume füllen. Weiter wäre Kugelstrahlen sinnvoll und damit die Oberfläche verdichten. Das sieht der Kunde auch nicht gleich.
Das wäre Bekämpfung der Sympthome und prinzipiell wissen wir ja jetzt, wie es geht. Kugelstrahlen könnte ich mir noch vorstellen, wenn es denn mal eng mit Teilen werden sollte. Ich möchte aber verstehen, warum es so gelaufen ist, wie es gelaufen ist ------------------ Nein, das glaub ich nicht Tim! Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
N.Lesch Ehrenmitglied V.I.P. h.c. Dipl. Ing.
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erstellt am: 09. Aug. 2020 08:49 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben: Nur für masls
Hallo, Wikipedia ist zwar keine Werkstoffkunde Stahl, aber trotzdem ist da herauszulesen wie viele Gefügeändrungen da stattfinden und wie wichtig die Temperaturen und die Gradienten der -änderungen sind . Da ist eben zwischen 25 mm Dicke flach und Ø 120 ein großer Unterschied. Wenn Du das genau wissen willst, mußt Du ein Labor mit entsprender Ausstattung beauftragen. ------------------ Klaus Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
masls Mitglied Projektleiter / CAD Administrator
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erstellt am: 09. Aug. 2020 10:28 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:
Zitat: Original erstellt von N.Lesch: Hallo, Wikipedia ist zwar keine Werkstoffkunde Stahl, aber trotzdem ist da herauszulesen wie viele Gefügeändrungen da stattfinden und wie wichtig die Temperaturen und die Gradienten der -änderungen sind . Da ist eben zwischen 25 mm Dicke flach und Ø 120 ein großer Unterschied. Wenn Du das genau wissen willst, mußt Du ein Labor mit entsprender Ausstattung beauftragen.
Hallo Klaus, für ein Labor ist der Warenwert zu gering und wie schon geschrieben: Die Lösung haben wir ja. Ich hatte gehofft, dass sich in das Forum auch Spezialisten aus der "Normalisierungsindustrie" verirrt haben und mich erhellen können, da ich verstehen möchte. Denn gelesen habe ich mittlerweile - neben Wiki - auch in verschiedenen Werkstoffkunde Fachbüchern. Allerdings steht da viel Theorie drin und nach der Theorie hätte es ohne Probleme funktionieren sollen. ------------------ Nein, das glaub ich nicht Tim! Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
arit Mitglied SFI
Beiträge: 71 Registriert: 21.06.2017 SW 2017+
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erstellt am: 10. Aug. 2020 08:26 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben: Nur für masls
Ich könnte mir vorstellen, dass die Ursache nicht nur vom Normalisierprozess kommt, sondern vom +AR wie das Material (wahrscheinlich) bestellt wurde. Beim Zustand +AR kann das Material irgendwie vorher behandelt werden, so kann es auch thermomechanisch gewalzt sein. Dabei wird dem Stahl kleinere Mengen Ti, Nb oder V zugegeben (Mikrolegierungselemente) und eine angepasste Wärmebehandlung verpasst, um die geforderte Verfestigung zu erzielen. Karbide bilden sich und behindern die Versetzungsbewegung und diese Elemente sind dann bei der Abkühlung auch Kristallisationskeime. Bei S355 könnte da auch Al dafür verwendet werden, um diese Feinkornausbildung zu erreichen. Wenn man dieses System nochmals wärmebehandelt, z.b. beim Schweißen, dann zerstört man definitiv das eingestellte Stahlabkühlsystem. Das könnte hier der Fall sein, dass diese "Inselbildung" der größeren Kristallisationskeime dann zu einer gewissen Durchlässigkeit des Stahls führt. Das wird nur bei relativ kleinen Atomradien wie hier bei He oder eben bei H eine Rolle spielen, worauf die Anwendung wahrscheinlich abzielt. Ich weiß, ziemlich viel ist da aus der Kristallkugel, aber ich sehe eigentlich das als die wahrscheinlichste Möglichkeit. Konnte ich Dir da helfen? Grüße Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
masls Mitglied Projektleiter / CAD Administrator
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erstellt am: 11. Aug. 2020 09:24 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben:
Zitat: Original erstellt von arit: Beim Zustand +AR kann das Material irgendwie vorher behandelt werden, so kann es auch thermomechanisch gewalzt sein. Dabei wird dem Stahl kleinere Mengen Ti, Nb oder V zugegeben (Mikrolegierungselemente) und eine angepasste Wärmebehandlung verpasst, um die geforderte Verfestigung zu erzielen. Karbide bilden sich und behindern die Versetzungsbewegung und diese Elemente sind dann bei der Abkühlung auch Kristallisationskeime.
Hallo arit, das hört sich logisch an. Gibts sowas noch irgendwo schriftlich zum Nachlesen? Z.B. Fachliteratur oder Herstellerhomepage? Bestellt wurde gänzlich ohne Zusatz, d.h. nur S355J2. Bestätigt wurde "Gewalzt S355J2", somit könnte deine Theorie greifen und das Verhalten erklären ------------------ Nein, das glaub ich nicht Tim! Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
arit Mitglied SFI
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erstellt am: 11. Aug. 2020 15:53 <-- editieren / zitieren --> Unities abgeben: Nur für masls
Hallo, puh keine Ahnung wo sowas noch steht. Hinweise sind natürlich Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Thermomechanisches_Verfahren und der Hinweis, dass beim normalisierten Feinkornbaustahl mit den feindispersen Karbiden, Nitriden und Karbonitrieden das feinkörnige (Ferrit-Perlit) Gefüge erzielt wird. Wenn man den Stahl jetzt wieder mit Warmumformung über die Rekristallisationstemperatur bringt, dann "hüpft" der Stahl zurück ins grobe Gefüge. Vielleicht noch leichtes Spannungsarmglühen, aber niemals länger und niemals über ca. 580°C. Zur Literatur kenn ich leider keine offiziellen Quellen. Ich könnte mir vorstellen, dass bei den Datenblättern von großen Herstellern da bestimmt was drauf steht. Oder zumindest auf Nachfrage man eine Antwort bekommt, aber dann ist ja bestimmt schon das Kind in den Brunnen gefallen. Eine Antwort auf diesen Beitrag verfassen (mit Zitat/Zitat des Beitrags) IP |
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